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Channel: Deutsche Streicherphilharmonie aktuell
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Spitzennachwuchs im schönsten Glanz

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KLASSIK Die Deutsche Streicherphilharmonie gastiert in Köln

Es ist schon phänomenal: Die Kleinsten reichen mit ihren Beinen kaum vom Stuhl auf den Boden, aber zusammen spielen sie - die Ältesten und die Jüngsten, zwischen elf und 19 Jahren - wie die Teufel. Wenn die "Deutsche Streicherphilharmonie", die jetzt unter Michael Sanderling im Rahmen der Kontrapunkt-Konzerte in der Kölner Philharmonie gastierte, tatsächlich das Niveau des deutschen Spitzennachwuchses bei den Streichern repräsentiert, dann braucht man sich diesbezüglich keine Sorgen zu machen.
 
Welche Klangkultur im Lauten wie im Leisen, welch rhythmische Präzision, welch Singen und Strömen, welch butterweiche Einsätze! Freilich bedarf es für die Entwicklung solcher sich gerade im Ensemble beweisenden Tugenden auch eines geeigneten Mentors. Michael Sanderling, von Haus aus Cellist, ist dies in hohem Maße. Nach seinem begeisternden Dirigat der Kölner Opernproduktion "Krieg und Frieden" lernte man ihn jetzt von einer anderen, auch sehr gewinnenden Seite kennen.
 
So geriet gleich die Streichersinfonie Nr. 10 des jungen Mendelssohn zu durchaus mehr als einem beflissenen
Einspielstück. Die Wucht des ersten Forte, das in großem Bogen schwelgende Seitenthema, die zündende Stretta - das alles geriet intensiv, plastisch, blutvoll. Und wenn qualitativ gleichwertige Streichergruppen in der Klangdramaturgie so überzeugend mit- und gegeneinander geführt werden, wird so schnell niemand die Bläser vermissen.
 
Das galt auch für das folgende erste Klavierkonzert von Chopin, das hier in einer frühen Probenfassung ohne Bläser präsentiert wurde. Der Klavierpart ist indes der nämliche, und der 22-jährige Koreaner und Kämmerling-Schüler Da Sol absolvierte ihn mit jener unaufgeregten, nahezu routinierten Virtuosität, die man den Ostasiaten ja gerne zuschreibt. Anders als Lang Lang aber neigt er nicht zur Show, der Auftritt bleibt konzentriert und introvertiert, Da Sol donnert auch nicht, sondern vertraut die Interpretation ganz seinem perlenden, noblen Anschlag über sehr dosiertem Pedal an. Das war der Geist, der auch der Brahms-Zugabe frommte. Eine gewisse neutrale Unverbindlichkeit, ein wenig Zuviel an cooler Abgeklärtheit mag man monieren, aber der Mann ist noch jung, da wird sich noch viel entwickeln.
 
Hatten die Gäste unter den Soloauftritt einen samtenen Klangteppich gelegt, so kamen sie bei Korngolds Sinfonischer Serenade selbst noch einmal als "Solist" groß heraus - mit filmmusikalischer Ekstase, schönen Piano-Stellen in hohen Lagen und knackig servierten Fugati im letzten Satz. Großer Beifall erwirkte dann noch eine Zugabe: Karl Jenkins´ motorisch-barockisierendes "Palladium". Hätten die Zuhörer nicht in den Satzpausen geklatscht und immer wieder zauberbergträchtig gehustet, sie hätten auf die Musiker sicher auch einen hervorragenden Eindruck gemacht.

Markus Schwering


Alle Rechte vorbehalten - © Redaktionsarchiv M. DuMont Schauber


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